Sud 42
42 | |
Biertyp | Festbier/Märzen |
Bierart | - untergärig - |
Stammwürze°P | 14,8° |
Alkohol%Vol | 5,9 |
Brautag | 1.2.20 |
Anstich | |
Ursprung | Böhmen & Hundisburg |
Malze | Pilsner, Wiener, Carapils, Carahell, Sauermalz |
Hopfen | aroma: Saazer bitter: Hallertauer Mittelfrüh |
Geschmack | malzig, süffig, rezent |
Trinktemp.°C | 9° |
Was für ein Bier ist das?…
Das Magdeburger Volle
hatten wir unter damals anderem Namen als Böhmisches Festmärzen
schon einmal gebraut. Nun wurde versucht, es nachzubrauen – und zwar ganz genau so! Was für uns ein ziemliches Novum darstellt…
Denn normalerweise brauen wir jedesmal ein anderes Bier!
Zwei, drei Mal wurde zwar auch schon ein Biertyp wiederholt – dabei dann aber der ein oder andere Parameter variiert; um es in eine gezielte Richtung zu verändern, Gelerntes anzuwenden oder einfach, weil es oft auch verschiedene Wege gibt, einen TypusSo hatten wir bspw. schon mehrere IPA
's aufgelegt – einen der sozusagen typischsten, charakteristischsten Vertreter der Craft-Biere, den es einfach in unzähligen Variationen gibt: Zwar immer recht kräftig und mit dominanten Hopfenaromen – jedoch in verschiedenen Ausprägungen: zwischen historisch und modern, eher britisch oder amerikanisch (inzwischen sogar als Black-, White- oder Red-Version), vielleicht als Single-Hop-Variante oder mit Kalthopfung… umzusetzen.
Irgendwie ist es zwar ein Widerspruch, ausgerechnet dieses Bier nun völlig anders zu benennen – aber dafür gibt es einen plausiblen Grund: Das Bier ist nämlich eine Auftragsarbeit und wurde sich mit genau diesen Spezifikationen gewünscht: Sollte also genau so schmecken wie beim letzten Mal und Magdeburger Volles
heißen…
Wie braut man dasselbe Bier?
Trivialerweise natürlich, indem man sich ans Rezept hält! Um so weniger technisiert eine Brauerei jedoch ist, um so schwieriger wird es aber, genau das gleiche Bier noch einmal herzustellen; schon an den Eckdaten ist zu sehen, dass es uns nicht ganz 100%ig gelungen ist.
Es gibt einige Faktoren, die es schwierig machen, eine exakte Kopie eines (auch eigenen) Bieres zu brauen. Zumindest im semiprofessionellen Bereich besteht dieses „Problem“ quasi immer – macht aber eigentlich auch ein wenig den Reiz und den Charme der Sache aus…
In der Regel wird aber auch niemand zwei verschiedene Sude des selben Biers einer Klein- bzw. Hobbybrauerei gegeneinander stellen um dann streng zu überprüfen, ob es da auch keinerlei Abweichungen gibt ( – und wenn doch, werden diese wohl auch irgendwie als Kennzeichen der handwerklichen Herstellungsweise interpretiert).
Bei den Bieren einer Großbrauerei, welche man normal im Handel kauft, sieht dies aber gänzlich anders aus:
Hier erwartet der Kunde – da wurde er durch Marketingmaßnahmen letztlich zu erzogen(!) – ein standardisiertes Produkt, bei dem jede Charge, egal wo gekauft, egal wie alt und egal unter welchen Bedingungen gelagert genau gleich schmeckt. Bei international aufgestellten Brauereikomplexen erwartet man dies zusätzlich ganz unabhängig davon, in welchem Land das jeweilige Getränk hergestellt wurde!
Aus all dem, was an dieser Stelle über Bier geschrieben wurde, geht hervor, dass dies gar nicht so einfach sein kann. Das fängt eigentlich schon damit an, dass der Hauptbestandteil des Biers – das Brauwasser – eine nicht unerhebliche Rolle beim Geschmack spielt. Auch die Qualität der Zutaten (auf dem Feld unter mal optimalen, mal eher widrigen Umständen gewachsen) schwankt ggf. von Charge zu Charge.
Mit entsprechendem Aufwand kann man dem zwar begegnen, etwa das Wasser aufbereiten und die Rohstoffe im Labor analysieren und entsprechend reagieren. Aber um so kleiner die Brauerei, um so geringer wird dieser Aufwand ausfallen (können) – aber auch dort werden natürlich (nicht zuletzt aus Erfahrung) einige Schwankungen ausgleichen…
Das Maischen
Das Maischen ist der Vorgang, bei dem der Körper des Bieres (bzw. dessen „Zucker-ProfilBeim Maischen spalten die malzeigenen Enzyme die langkettigen Stärkemolekühle des Getreidekorns in recht kurzkettige „Zucker“ auf. Die Arbeitsweise der verschiedenen Enzyme und die Eigenschaft, bei jeweils unterschiedlichen Temperaturen optimal zu arbeiten, resultiert letztlich in einem Gemisch aus Einfach-, Zweifach-, bis hin zu Mehrfach-Zuckern – wobei sich das ungefähre Verhältnis durch die Rast-Temperaturen und -Zeiten steuern lässt. Eher kurzkettige Vertreter werden später zu Alkohol vergoren, die vom verwendeten Hefestamm nicht mehr vergärbaren längerkettigen Zucker geben dem Bier hingegen Süße, Malzigkeit oder Körper.“) festgelegt wird:
Das geschrotete Malz wird in warmem Wasser eingeweicht und dabei allmählich verzuckert – dazu sind genau definierte Temperaturstufen in bestimmte Zeiten zu erreichen und dann möglichst konstant zu halten. Dies ist bei einem holzbefeuerten Kessel aber nur so ungefähr möglich – mal dauert es ewig, bis man eine Stufe erreicht, ein anderes Mal geht es so überraschend schnell, dass man kaltes Wasser zugießen muss, um zu ihr zurückzukehren. Zwar verändert so etwa den Charakter eines Bieres kaum gravierend – aber völlig gleich ist es eben auch nicht…
Aber das ein Sud mal so und mal so ausfällt, war zumindest in vorindustrieller Zeit auch ein völlig normaler Zustand! Und solche Rezepte und Brauweisen, die ausreichend robust waren, um dabei ein wiedererkennbares (und von den Konsumenten geschätztes!) Bier hervorzubringen, konnten sich als Typ etablieren.
Vom Reifen
& Altern
Ein ganz wesentlicherer Punkt ist allerdings, dass Bier altert. Damit ist weniger gemeint, dass es irgendwann tatsächlich alt (im schlimmsten Fall verdorben und nicht mehr genießbar) ist, sondern das es reift.
Genauso wie bei WeinIm Unterschied zu Wein laufen diese aber beim Bier in der Regel wesentlich zügiger ab! Zwar gibt es auch beim Bier ein „Zeitfenster der optimalen Genußreife“; dieses ist aber meist wesentlich enger und zudem weit näher am Herstellungstermin gelegen, als beim Wein ( – „Jahrgangs-Biere“ sieht man dann doch eher selten…).
Wobei es andererseits durchaus Biere gibt, die eine lange Lagerung vertragen oder gar erfordern, weil erst mit der Zeit ganz typische Geschmackskomponenten gebildet werden, die durchaus sortentypisch sein können: das Bière de Garde
trägt diese Eigenschaft quasi schon im Namen… verändert sich beim Bier dessen Geschmack kontinuierlich über die Zeit. Das ist ein völlig natürlicher Vorgang, da im Bier biologische und physikalische Prozesse ablaufen, die den Geschmack verändern. Und um so mehr dies zutrifft, folgt daraus wiederum, dass zwei eigentlich gleiche Biere deutlich verschiedener Altersstufen kaum gleich schmecken können.
Genau dies läuft den oben skizzierten Anforderungen an ein Industrie-Bier aber völlig zuwider und daher wurde sehr viel Aufwand betrieben, den Geschmack zu stabilisieren – also quasi die „qualitative Kurve“ möglichst stark zu begradigen. Nicht zuletzt, da den ersten Abschnitt dieser „Alterung“ eigentlich erst einmal die (meist recht kühle) Reifung im Lagerkeller der Brauerei darstellt – da Bier eben normalerweise auch eine gewisse ZeitEin grober Richtwert sind ca. 4-6 Wochen – das kommt aber wirklich sehr auf den Typ an; leichtere Biere benötigen dabei tendenziell eine kürzere Lagerdauer.
Bei den Kleinstmengen, die wir brauen, können wir jedem Bier dessen individuelles Zeitfenster locker zugestehen – bei einer Großbrauerei, die täglich mehrere zehntausend Liter herstellt, dürfte es jedoch kaum möglich sein, die dann zwanzig-, dreißig- oder gar vierzigfache Menge an Lagerkapazität für eben diesen Zeitraum bereitzustellen…
Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass wohl auch früher kaum alle Biere derartig lange gelagert wurden. Auch hier kommt es natürlich sehr auf den Typ an! (Andererseits: beim allgegenwärtigen Typus des „Lager“
schiene es dann doch eigentlich irgendwie obligatorisch…) braucht, um überhaupt erst so richtig rund und „fertig“ zu werden.
Hopfenaroma und -Bittere bauen sich am Anfang relativ zügig abWas im Prinzip ärgerlich aber nicht schlimm ist, denn man kann einfach mehr davon geben – soviel, dass nach dem zügigen Abbau, wenn sich dieser Vorgang verlangsamt (sich quasi stabilisiert) die Menge an Bittere und Aroma vorhanden ist, die für das Bier geplant war. Bereits bei der Gärung verliert das Jungbier merklich an Bittere (was u.a. daran liegt, dass Öle und Harze mit der Hefe verklumpen und mit dieser zu Boden sinken…), wohingegen andere, oft durch die Gärung verursachte (Fehl-) Aromen teilweise um- oder abgebaut werden. Viele dieser Vorgänge laufen oft mehr oder weniger exponentiell ab – während die Einen anfangs erst fix dann aber nur noch gemächlich fallen, liegt der stärkerer Anstieg der Anderen noch etwas in der Ferne – der optimale Reifezeitpunkt liegt irgendwo dazwischen: dort, wo die „Summe der Einzelteile“ im besten Geschmack resultiert.
Nicht zuletzt durch Pasteurisierung und Mikrofiltrierung gelingt es augenscheinlich recht gut, solche Inhaltsstoffe, die sich über die Zeit verändern, zu entfernen bzw. die dafür verantwortlichen Prozesse nahezu abzustoppen – die Frage ist jedoch, ob man dabei den oberen Teil der Kurve nicht vielleicht auch opfert?!…
Glücklicherweise haben wir die Möglichkeit, unser Bier einigermaßen bedarfsgerecht zu brauen und versuchen dann, möglichst viel davon auf dem Höhepunkt seiner Reife auszuschenken!
Die Braumanschaft war im Laufe des Tages mal größer und mal kleiner – dies ist aber in etwa der „harte Kern“:
Weiterfürende Links:
Zum Bier selbst findet man noch ein paar Informationen auf der Seite zu Sud 26
- wer sich genauer für die Vorgänge bei der Alterung von Bier interessiert, kann sich in diesem Artikel des Braumagazins detaillierter informieren
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- wurde die in der Überschrift verwendete Schriftart "Crimson bold" von Sebastian Kosch entworfen und bei 1001fonts.com unter der SIL Open Font License (OFL) veröffentlicht (die Schrift wurde - des besonderen Zwecks wegen - in den Proportionen verzerrt... sorry!...)
- ist das Bild "Magdeburg Domplatz (um 1770)" zwar von Johann Christian Nabholz (1752 - 1797) – allerdings ist gemäß Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“ Detlef Dauer als Urheber zu nennen
- die beiden Diagramme sind leider wenig verunglückt (weil das Grafik-Tablet gerade nicht richtig wollte) und sind nur dort, weil ein Bild eben manchmal deutlich mehr sagt!...
- steht das Etikett zum freien Download bereit - jegliche kommerzielle Verwendung ist untersagt!
Danke!