Sud 40
40 | |
Biertyp | Rotbier |
Bierart | - untergärig - |
Stammwürze°P | 13,3° |
Alkohol%Vol | 5,5% |
Brautag | 9.11.19 |
Anstich | 9.1.20 |
Ursprung | Nürnberg (Franken, Bayern) |
Malze | Wiener, Melanoidin, etwas Rauch- und Röstmalz |
Hopfen | Spalter Select, Hersbrucker Spät |
Geschmack | leichte klassische Bittere, kräftig trockener Malzkörper, Röstaromen (Brot & Walnüsse) |
Trinktemp.°C | 10–12° |
Was für ein Bier ist das?…
Rotbier
ist - anders als der Name vielleicht glauben macht – gar nicht wirklich so richtig rotZumindest wenn man es mit der satten, leuchtend roten Farbe unseres Indian Summer Ales
vergleicht – wo die Farbe allerdings nicht vom Malz selbst, sondern vom Saft der roten Bete kam...
Es ist eher die Art Rot, die man nicht mehr so richtig gut sehen kann, weil das Malz und mit ihm das Bier schon sehr dunkel sind, was die Farbwahrnehmung erschwert. Denn egal was man mit dem Malz anstellt, um ihm eine rote Farbe mitzugeben: es wird letztlich auf einer stärkeren Röstung basieren und dabei wird es in jedem Fall (auch) dunkel!…. Eher so braun-bernsteinfarben – mit allerdings sattem rotem Schimmer!
Früher, als man Bier noch lokal braute und trank (und es in dem Sinn noch keine Marken gab), wurde die Sorte eher nach der Farbe unterschieden – und da gab es vor allem das eher helle Weiß-
oder eben dunkles Braun-
oder Rotbier
(und ob man es braun oder rot nannnte, lag vielleicht weniger am exakten Farbton als an der Region, in der man wohnte...)Rotbier
war jedenfalls seit dem 13./14. Jh. der in Nürnberg vorherrschende Biertyp – und erst als das Weißbier
dort ebenfalls populär (bzw. überhaupt gebraut) wurde, ergab sich die Notwendigkeit der Unterscheidung. In jedem Fall wurde zu dieser Zeit dann aber Rotbier
rein untergärig, Weißbier
hingegen immer obergärig – und jeweils streng getrennt in Rot- und Weißbierbrauhäusern – gebraut.
Und um die Biersorte klar und verständlich anzuzeigen, war auch das Zunftzeichen entsprechend gefärbt!
Der Braustern ✡
Traditionell verwendeten Brauer und Mälzer als Zunftzeichen – und vor allem im süddeutschen Raum Bierschänken als „ZeigerDiese besondere Bedeutung hat es sich bis heute im Zoigl bewahrt: In der nördlichen Oberpfalz zeigt er noch heute an, in welchem Hause frisches Bier gezapft wird.
Die brauberechtigten Hausbesitzer können ihre Sude im Kommunbrauhaus bereiten, nehmen dann aber die Würze mit heim und stellen das Bier im eigenen Hause fertig. Wenn es soweit ist, wird der Braustern gut sichtbar vorm Haus angebracht und das Bier kommt zum Ausschank – ist es aufgebraucht, wandert dieser Zeiger weiter...“ – ein Hexagramm.
Die gängigste Erklärung lautet, dass dies ein alchemistisches SymbolBei dem aus zwei hölzernen Dreiecken zusammengesteckten Zeichen sollten demnach die jeweiligen Ecken dann die 3 Elemente (Feuer, Wasser, Luft) und die 3 Zutaten (Wasser, Hopfen und Malz) symbolisieren. sei und Brauer, die aus Wasser und Getreide so etwas vortreffliches wie Bier hervorzubringen wussten, dieser Kunst wohl nahestanden und das Zeichen deswegen für sich übernahmen – was genau betrachtet jedoch nicht allzu wahrscheinlichGenau wird man das wohl nicht mehr herausfinden können, aber gegen diese These sprechen mehrere Argumente:
Ziel der Alchemisten war, unedle in edle Elemente zu verwandeln – Bier hingegen galt keinesfalls als edles Getränk (sondern als Trunk bzw. Nahrung der einfachen Bevölkerung – auch ist unwahrscheinlich, dass einfache Brauer um alchemistische Symbole und Bedeutungen wußten). Zudem stand Alchemie in einem teils zweifelhaften Ruf und wurde sogar mal vom Papst gebannt. In Zeiten, in denen man der Hexerei beschuldigt schnell mal auf dem Scheiterhaufen landen konnte, wäre es vermutlich nicht besonders klug gewesen, sich als Anhänger obskurer Geheimwissenschaften auszugeben! Dagegen spricht auch, dass das Zeichen wohl ebenenfalls von klösterlichen Brauereien benutzt wurde… sein dürfte…
Eine andere Theorie sagt, dass es sich beim Hexagramm um ein altes, abwährendes Schutzsymbol handelt, welches als Talisman gegen Dämonen und gegen Feuer schützen sollte und deswegen Eingang in die WappenDas Risiko eines Brandes war ja beim Darren und Brauen keinesfalls zu unterschätzen – und in mittelalterlichen Städten immer eine riesige Gefahr! Auch andere mit der Feuergefahr in Zusammenhang stehende Berufsgruppen griffen auf diese Symbolik zurück – bspw. fand es sich manchmal auch in Zunftwappen der Schornsteinfeger... fand.
Jedenfalls ist die Verwendung des „Brausterns“ in Nürnberg bis ins frühe 15. Jh. belegt.
Heutzutage ist das Hexagram eher als Davidstern geläufig. Man geht aber davon aus, dass sich die Verwendung völlig unabhängig voneinander entwickelte ( – bzw. auch, dass es als repräsentatives Symbol des Judentums erst mit der Emanzipation seit der Aufklärung diese Bedeutung erlangte).
Brauen & Mälzen
Dass die gedarrten MalzeUnd ausschließlich solche kamen für die untergärigen Lagerbiere überhaupt in Frage!
Nicht zuletzt liegt oder lag dies wohl darin begründet, dass durch den Darrvorgangs das Malz schneller wieder durchgetrocknet und durch die Hitze außerdem einigermaßen sterilisiert wurde – denn letztlich bietet eine lange, feuchtwarme Keimphase ja nicht nur dem Getreidekorn ausgesprochen gute Bedingungen... einst wohl eher dunkel waren, wurde bereits mehrfach thematisiert – und dass man im Regelfall mit einer einzigen Sorte Malz das daraus dann resultierende Bier braute, wurde bei Sud 36
postuliert. Damit war man zwar gewissermaßen dem Malz „ausgeliefert“, was aber nicht bedeutet, dass man auf dessen Eigenschaften und damit auf das Bier nicht doch gezielt Einfluss nehmen konnte: Brauen und Mälzen waren ja viel enger verknüpft als heute – oft mälzte der Brauer ja auch selbst!
Für Nürnberger Bier
liegt eine beinahe 200 Jahre alte, recht detaillierte Brauanleitung vor, die neben der Braumethode auch die Malzbereitung in aller Ausführlichkeit beschreibt. (Was nahelegt, dass beide Schritte als für das Ergebnis essentiell erachtet wurden!)
Melanoidin-Malz
Die Rotfärbung war früher vielleicht eher Nebeneffekt einer speziellen Mälzung, mit der man die typischen geschmacklichen bzw. qualitativen Eigenschaften hervorbrachte – in modernen Mischungen wird sie jedenfalls durch die Zugabe von Melanoidin-Malz erreicht.
Ein besonderer Herstellungsprozess sorgt dafür, dass dieses spezielle Malz reich an den namensgebenden InhaltsstoffenMelanoidine sind gelbbraune bis fast schwarz gefärbte, stickstoffhaltige organische Röst-Produkte, die bei der sogenannten Maillard-Reaktion aus Zuckern und Aminosäuren gebildet werden. Sie sind das, was man beim Brutzeln, Backen oder Grillen erzeugt und geben etwa Kaffee und Brotkruste Farbe und Aroma.
Im Malz entstehen sie dann besonders zahlreich, wenn vor oder während des Röstens die Bildung der beiden Ausgangsprodukte gezielt gefördert wird: Dabei stellt Feuchtigkeit den wesentlichen Faktor dar, da nur dann die enzymatischen Vorgänge ablaufen können (bei moderater Hitze sogar beschleunigt!). Trockenheit würde hingegen dafür sorgen, dass die Enzyme den Darrvorgang überleben – weswegen man das Grünmalz sonst möglichst trocken auf die Darre bringt, bzw. vor dem Darren extra „schwelkt“. ist, welche neben der Farbe vor allem auch Karamell- und Röstaromen beisteuern. Dazu wird entweder bereits beim Keimvorgang die Selbsterwärmung des Malzes in großen Haufen gezielt gefördert und/oder das Grünmalz noch relativ feucht auf die Darre gebracht um dort bei anfangs eher niedrigen Temperaturen quasi zugleich „noch verzuckert“ und „schon gebräunt“ zu werden.
Und genau dies beschreibt auch die erwähnte Mälzvorschrift:
Hierauf folgt eine 8- bis 10ſtündige Ruhe, … nach der Temperatur des Malzhaufens, welche in dieſer Periode, wo ſich der vierte Wurzelkeim bilden muß, die Höhe von 24 bis 25°C erreichen ſoll.
Hat das Malz dieſen Grad der Abtroknung erreicht, ſo kommt es auf die Darre; in einigen Brauereien kommt jedoch ein Theil deſſelben von der Malztenne unmittelbar auf die Darre.
Dieſe Färbung und eine gute Qualität des Malzes erreicht man nur dadurch, daß man bei mäßigem Feuer, d. i. bei 25°C aushauchender Wärme zu darren anfängt, das Malz fleißig wendet, das Geſchäft des Darrens nicht zu ſchnell fördert, und ſo nach und nach mit der zu gebenden Hize nur bis auf 50–60°C ſteigt. Bei dieſer Temperatur geht noch eine nüzliche chemiſche Umbildung der Stoffe des Malzes von Statten, das Korn bleibt innerlich ſchneeweiß, und wird durch und durch mürb und troken.
Man kann also schließen, dass die Eigenschaften gewollt hervorgerufen – und somit relativ gezielt ein besonderer Biertyp erzeugt wurde! (der möglicherweise„Möglicherweise“, da die zitierte Anleitung ihrerseits nämlich herausstellt, dass man beim Darren tunlichst darauf achtgeben solle, dass das Malz nicht zu dunkel herauskäme, damit die Farbe des Bieres besonders golden wäre!...
Nun wird man leider nicht genau herausfinden können, welcher Farbton damals nun genau erzielt wurde (es könnte ja evtl. ein sattes Rotgold gemeint sein?!) – es wäre allerdings amüsant, wenn man sich damals tatsächlich mühte, die Farbe gerade nicht so herauszubringen, wie man es heutzutage bei einem Rotbier
unbedingt erwartet! doch noch einen Hauch roter als gewöhnlich war…)
Wieder ein Brautermin mit wissbegierigen Gästen...
Weiterfürende Links:
Zum Rotbier
selbst lässt sich leider gar nicht so viel finden - meist handelt es sich um relativ unspezifische Werbeaussagen
- Informativ ist aber der Artikel bei BIER&BRAUHAUS (der seinerseits wahrscheinlich ebenfalls die nachfolgende Quelle aufgreift)
- Die Quelle widmet sich jedenfalls ab S. 364 dem Nürnberger Bier (und ab S. 260 wird das erwähnten Brauverfahren "auf Saz sotten" beschrieben) - in den verwendeten Zitaten wurden die Temperaturangaben umgerechnet
- Über die Geschichte des Brausterns (das Brauen in Nürnberg und den Urspung der kleinen, ebenfalls mit Nürnberg verknüpften, Brauer und Mälzer darstellenden Bildchen) informiert diese Seite recht ausführlich!
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- wurde die in der Überschrift verwendete Schriftart "Nuernberg Display Font" von Peter Wiegel entworfen und bei Fontesk als "Free for commercial use, OFL" veröffentlicht
- stammt das alchimistische Hexagramm "Das Zeichen des Makrokosmus aus: Rudolf Steiner, Geisteswissenschaftliche Erläuterungen zu Goethes Faust, GA 272, S. 24" und wurde unter einer Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license veröffentlicht
(das Zeichen selbst ist kein Brausymbol - passt aber wegen des Hexagramms zur Thematik...) - wurde das Bild der Zoigelstube in Tischenreuth von Richard Huber aufgenommen und unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license veröffentlicht
- steht das Bild der Goldmünze unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ und stammt ursprünglich von der Classical Numismatic Group, Inc.
- steht das Etikett zum freien Download bereit - jegliche kommerzielle Verwendung ist untersagt!
Danke!