Altmarkhopfen

Hopfenbau in der Altmark

Sogar bei an Bier interessierten Altmärkern ist oft völlig unbekannt, dass die Altmark einst ein großes, bekanntes Hopfenanbaugebiet war. Allerdings ist dies auch lange her, der Anbau spätestens seit Ende des 18. Jh.’s stark schwankend und im frühen 20. Jh. dann vollständig zum Erliegen gekommen. Wie es zum einstigen Aufstieg kam und warum der Anbau dann wieder vollständig aus der Region verschwand, soll nachfolgend beleuchtet werden.

Dabei liegt der Fokus weniger auf der Lobpreisung (über die Qualität des Altmärker Hopfens existieren auch durchaus widersprüchliche Aussagen), sondern darauf, anhand seiner recht gut dokumentierten Geschichte ein (möglicherweise exemplarisches) Beispiel der historischen Entwicklung eines Hopfenbau-Gebietes aufzuzeigen.

Aus unserer Sicht interessant ist sie nicht nur wegen der ja ohnehin vorhandenen räumlichen Nähe, sondern auch, da wir je nach Betrachtungsweise mehr oder weniger den unteren Rand der Altmark, in jedem Fall aber den südlichen Rand oder „Zipfel“ der einstigen Hopfenbauregion markieren: Mehrere der im nebenstehenden Werk benannten Hopfendörfer befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft!

Regionaler Hopfenbau

Klarmachen muss man sich, dass die Herstellung nahezu aller Güter im Mittelalter (eingeschränkt bis zur Industriellen Revolution) eher eine sehr lokale Angelegenheit war! Der Transport – vor allem der über Land – war umständlich, langwierig, oft gefährlich und somit teuer; sofern nicht zwingende Gründe dagegen sprachen, griff man auf Quellen der näheren Umgebung zurück.
Das galt natürlich auch beim Bier: Wer brauen wollte, tat dies mit lokal vorhandenen Rohstoffen und als sich Hopfen als Zutat etablierte, nahm man wohl solchen, der möglichst in der Nähe wuchs! Sorten im heutigen Sinn gab es sowieso nicht, ggf. wurde später zwischen guten und weniger guten Herkünften unterschieden. Bier wurde überall gebraut – und wo benutzt und vorhanden – folglich auch der benötigte Hopfen gesammelt, in Gegenden, die die passenden Voraussetzungen boten, wurde er irgendwann dann gezielt angebaut.

In den moorigen Niederungen der Altmark war Hopfen schon immer weit verbreitet. Wann genau mit dem gezielten Anbau begonnen wurde, lässt sich heute nicht mehr feststellen, es kann aber davon ausgegangen werden, dass dies schon recht früh geschah! Hopfen als Bierzusatz tritt überhaupt erst ab dem 11. Jh. so richtig in Erscheinung, aber schon ein Siegel Gardelegens aus dem Jahre 1309 scheint sehr ähnlich dem heutigen Wappen Hopfenstangen zu zeigen; was damit schon für diesen frühen Zeitpunkt eine gewisse Bedeutung vermuten lässt.

Der Anbau erfolgte anfangs eher kleinteilig, in Mengen die für den eigenen Bedarf ausreichend waren; mehr oder weniger im „Garten“, weswegen sich wohl der Begriff Hopfengarten etablierte (und erhalten hat) – auch, als die Anlagen dann deutlich der Gartengröße entwachsen waren.

Später, als der Hopfenanbau an Umfang deutlich zunahm, geschah dies vor allem im Umland größerer Ortschaften, womit die Hopfengärten dann sozusagen vor die Stadtmauern zogen. Zum einen, weil ja gerade dort in größerer Menge gebraut wurde und der Bedarf entsprechend hoch war, andererseits aber auch, da nur hier die dafür benötigten Arbeitskräfte überhaupt zur Verfügung standen.

Beim Hopfen ist ja der Arbeitsaufwand sehr saisonal: vor allem für den relativ kurzen Zeitraum der Ernte – insbesondere beim Zupfen! – wurden sehr, sehr viele helfende Hände benötigt. Bauernhöfe haben zur Erntezeit wohl eher genug zu tun und hätten diesen zusätzlichen Arbeitsaufwand aus eigener Kraft nur schlecht bewältigen können. In Städten hingegen gab es genug Tagelöhner und es war dort wohl sicher auch entsprechend leichter, die Erntewochen irgendwie „einzutakten“.

(Tatsächlich entwickelten sich später die großen Anbauzentren oft in der Nähe städtischer Regionen! So konnte die Hallertau auf Saisonarbeitskräfte aus dem nicht weit entfernten München zurückgreifen, Spalt profitierte vom nahen Nürnberg… Denn auch wenn der Anbau selbst mit der Zeit modernisiert wurde – bis weit in das 20. Jh. blieb das Zupfen reine Handarbeit!)

Gardelegen · Garlä · Garley

Der Hopfen der Altmark firmierte früher unter dem Namen der Stadt, wo er wohl (s)einen Ausgangspunkt wie auch ein wichtiges Handelszentrum hatte: Gardelegen (auch Gardeleben oder Garläben). In älterer Brauliteratur wird „Gardeleber Hopfen“ jedenfalls ab und an als eine der besseren Herkünfte benannt und zum Kaufe empfohlen!

Gerühmt wurde einst das hiesige Bier: die Garley.
Dieses wurde vormals in großen Mengen gebraut und mindestens bis in die (nach damaligen Maßstäben wohl gar nicht so nahe) Universitätsstadt Helmstedt geliefert – und auch andere Biere der Altmark standen in einem guten Ruf! Die Frage, ob der Erfolg dieser Biere auf den lokalen Hopfen zurückzuführen oder der Zusammenhang genau andersherum war, wird sich wohl nicht mehr zweifelsfrei entscheiden lassen (wobei allzu viel Hopfen aber offenbar gar nicht im Spiel war):

Ein zu Gardeleben in der Altmark gebrautes und ehemals ſehr berühmtes Bier. Vor dem 30jährigen Kriege ſollen täglich einige Hundert damit beladene Wagen nach fremden Orten gegangen ſein. Prof. Meibom zu Helmſtädt beſang es in einem eigenen Gedicht als einen Göttertrank und ſtellte es dem Wein an die Seite. Jezt iſt es in Vergeſſenheit, wahrſcheinlich weil es nicht mehr ſo gut gebraut wird. Man machte es ſonſt aus zweizeiliger Gerſte mit ſehr wenig Hopfen, daher es ſüßlich, braungelb und wolſchmekend war. Man hatte doppelten und einfachen.

Garley selbst war bis vor gar nicht allzu langer Zeit übrigens die älteste durchgängig verwendete Bier-Marke der Welt!
Im Jahre 1314 wurde Gardelegen das Braurecht verliehen. Zwar gab es um 1400 erst fünf Brauhäuser, „deren Bier noch unbekannt und schlecht“ war, jedoch nahm das Brauwesen bald einen gewaltigen Aufschwung, „weil Gott diesen Ort mit der Gabe gut Bier zu brauen ansah“ und bald schon „hier selbst mehr braustellen als irgend an einem andern ort in der Mark gefunden werden“, so „daſs alle Tage dessen etliche hundert Wagen hin und wieder in die benachbarten Örter geführt wurden, und die Stadt davon nicht geringen Nutzen hatte“.
Einer Legende nach reiste Zar Peter der Große 1698 durch die Stadt und lobte das Garley als „das beste Getränk auf Erden“ und Carl von Linné schrieb in einem Traktat über „Der Deutschen ihr Garley“.

Der Name selbst stammt wohl vom alten, plattdeutschen Namen der Stadt „Garlä“ und wurde mindestens seit 1500 durchgängig als Markenname für Bier aus der Stadt bentutzt und hat selbst die DDR überlebt. Nach der Wende ereilte die verbliebene Brauerei das gängige Schicksal: sie geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten, wurde hin und her verkauft, die Produktion eingestellt und der Markenname verschachert.

Das Bier selbst hat sich über die Zeiten natürlich stark gewandelt; über die Original-Rezeptur und Brauweise existiert nach derzeitigem Kenntnisstand leider keinerlei Wissen.

Die Hopfendämme der Altmark

Wenn viel gebraut wird, wird viel Hopfen benötigt, was erklärt, warum sich eine umfangreiche Hopfenproduktion etablieren konnte. Aufgrund des steigenden Bedarfs pflanzten nach den Brauern auch immer mehr BĂĽrger Hopfen in bedeutendem Umfang an, da sie ihn stets zu guten Preisen an diese verkaufen konnten. „Wie ein dichter Wald zogen sich die Pflanzungen rings um die Stadt. Hopfendarren wurden drauĹżsen in den Gärten in kleinen, sogenannten Hopfenhäusern, teilweise aber auch innerhalb der Ringmauern in Verbindung mit den Brauereien angelegt, letzteres zum gröſsten Nachteile der BĂĽrgerschaft; denn die gewaltigen Brände, die Gardelegen leider so häufig heimgesucht haben … sind fast immer in den Darren entstanden.“

Der gute Ertrag der Hopfengärten bei den Städten veranlasste dann auch mehr und mehr Ortschaften der Umgegend dem Hopfen ihre Aufmerksamkeit zu schenken – in manchen wurde der Hopfenbau schlieĂźlich so umfangreich, dass er „nächst dem Ackerbau ein Gewerk ausmacht“.
Dabei scheinen sich zwei Zentren herausgebildet zu haben, wo auch in mageren Jahren der Anbau mehr oder weniger Bestand hatte: eines um Gardelegen und Kalbe, ein weiteres am Rande des Drömlings – zu den Hochphasen allerdings erstreckte sich das Gebiet wesentlich weiter.

Aufgrund der teils feuchten, moorigen Landschaft erfolgte der Anbau sehr oft auf Hopfendämmen:
„Soll ein neuer Garten eingerichtet werden, so muſs man zunächst, wenn es nötig ist, den Moorboden von dem überflüssigen Wasser befreien. Es werden daher Gräben in bestimmter Richtung gezogen, die das Wasser aufnehmen, die ausgehobene Erde wird obenauf geworfen. Dadurch entstehen Dämme, und deshalb bezeichnet man seit alten Zeiten in der Altmark die Hopfenanlagen als Hopfendämme; ja selbst dann, wenn, wie bei Gardelegen, die Dämme schon lange nicht mehr zur Hopfenzucht benutzt wurden, haben sie ihren Namen bewahrt.“

Auf den Parzellen wurde „der weitere Abstand der Längsreihen bevorzugt, da der Landwirt meistens zwischen dem Hopfen andere nutzbringende Pflanzen baut [um in schlechten Jahren] wenigstens die Bodenpacht und andere Unkosten aus der Unterfrucht heraus“ zu schlagen. Womöglich gab es auch reine „Hopfenproduzenten“, überwiegend erfolgte aber wohl keine komplette Ausrichtung auf den Hopfen, was jeweils ein einigermaßen unkomplizierten Ein- und Wiederausstieg aus dem Anbau zuließ.

Aufgrund der steigenden Erntemenge „hat vor und auch kurze Zeit nach dem dreiſsigjährigen Kriege Gardelegen einen ganz bedeutenden Ausfuhrhandel mit Hopfen getrieben, ja nächst der Garlei verdankt es diesem Hopfenhandel im besonderen einen groſsen Teil seines Reichtums und seiner Blüte zu jener Zeit“. Nicht nur die benachbarten Städte der Altmark, das Magdeburgische und die Mittelmark bis nach Berlin wurden mit Altmärkischem Hopfen versorgt, sondern auch Holstein, Dänemark und Schweden, später dann Preußen und Livland (und in guten Erntejahren wohl auch Thüringen und Franken).

Altmark im Königreich Preußen

Bis zum Dreißigjährigen Krieg scheint der Hopfenanbau eine ziemlich kontinuierliche Ausweitung erfahren zu haben. Auch nach dessen Einschnitten und Verwüstungen konnte er sich wieder erholen – die Tage des stetigen Wachstums waren allerdings gezählt.

Die Ausfuhr (mindestens in die skandinavischen Gebiete) erholte sich vorerst nicht mehr so recht und trotz (oder vielleicht auch wegen) intensiver Bemühungen durch den preußischen Staat traten zunehmend auch Probleme mit einem Überangebot auf und der Anbau verlor an Attraktivität – immer wieder hat man fortan aufgrund niedriger Preise etliche Hopfengärten eingehen lassen.

Insbesondere Friedrich der Große bemühte sich, die Wunden des Krieges endgültig zu schließen und die Wirtschaft (welche zu großen Teilen von der Landwirtschaft bestimmt wurde) zu modernisieren und zu stärken; wobei der Ansatz verfolgt wurde, möglichst sämtliche Rohstoffe im Land selbst zu erzeugen und Preußen so vom Ausland unabhängig zu machen um das Geld im Land zu behalten und ggf. durch Exporte noch Einnahmen erzielen zu können. Dem Hopfenbau widmete er in diesem Sinn eine „liebevolle Aufmerksamkeit“.

Immer wieder ergingen Befehle, doch an allen sich eignenden Orten den Hopfenanbau wieder neu zu begründen oder entsprechend auszuweiten. Dies führte in Hochphasen zu einer Verknappung und Verteuerung der benötigten Hopfenstangen – andererseits bei guten Ernten immer wieder zu einem Überangebot und folglich sinkenden Preisen, so dass die Investitionen dann oftmals kaum wieder hereingeholt werden konnten.

Immer schon wurde die Erntemenge natürlich durch die Witterung beeinflußt, vermehrt treten auch Pflanzenschädlinge auf den Plan (was bei „Monokulturen“ kaum verwundert…). Und nun wiederum wirkt sich nachteilig aus, dass Hopfen sich zu einem weit gehandelten Gut entwickelt hatte und Ernteausfälle nicht mehr einfach automatisch den Preis in die Höhe trieben, sondern fortan durch andere Herkünfte kompensiert werden konnten – was sicher ein Vorteil für die Brauer, nicht aber für die Erzeuger war.

Zunehmende Bedeutung scheint auch die Frage der Qualität des Hopfens zu gewinnen. Wohl einfach infolge allgemeinerer Verfügbarkeit aufgrund Neuerungen in Handel und Transportwesen scheint der „in Böhmen wachsende Hopffen … weit préfériret und von besserer Stärke und Kraft gefunden“ zu werden, worauf 1751 die Anweisung ergeht, zu testen, ob nicht auch solcher in der Altmark mit ähnlichen Ergebnissen kultiviert werden könne.

Altmärker Moorhopfen?

Die Frage, welche „Art“ Hopfen in der Altmark angebaut wurde, wird sich wohl nicht mehr vollständig klären lassen. Ob sich eine eigenständige Landsorte »Altmärker Hopfen« herausgebildet hatte, ist nicht bekannt (aber nicht unwahrscheinlich!) – noch weniger, ob sich vielleicht irgendwo Pflanzen davon erhalten haben… Zwar trifft man ab und an auf den Namen Moorhopfen, allerdings nicht oft genug, um daraus einen Sortennamen postulieren zu können (zudem ist anzunehmen, dass hier eher auf die o.g. Anbaubedingungen abgezielt wurde).

In Kultur genommen wurde einst der Natur entnommener Wildhopfen – denn etwas anderes gab es schlicht nicht! Auf welche Weise dabei welche Hopfenpflanzen den Weg in die Hopfengärten fand, darüber läßt sich immerhin begründet spekulieren:
Einerseits fällt auf, dass die Hopfenernte damals (eher allgemein, nicht nur in der Altmark!) früher begann als heute; St. Bartholomäus, der 24. August, galt traditionell als Beginn der Erntesaison. Heute beginnt sie eher Anfang September; bei etlichen neuen Sorten sogar später. Diese Selektion auf frühe Sorten liegt vielleicht darin begründet, dass man einst möglichst zeitig mit dem Sammeln in der Natur begann – einerseits, weil der letztjährige Hopfen aufgebraucht war, andererseits, weil bei wild wachsendem Hopfen das Erntefenster sehr klein ist (da bald nach Einsetzen der Reife viele der Blüten bereits befruchtet und zunehmend minderwertig sind). Daher wird man eher solche Pflanzen ausgesucht haben, die zum frühen Sammelzeitpunkt bereits prächtig ausgebildete Dolden hatten (nicht solche, die da noch klein und unreif waren).
Auch hinsichtlich der Witterung scheint ein potentiell früher Erntezeitpunkt durchaus vorteilhaft.

Weiterhin ist davon auszugehen, dass der Hopfen anfänglich viel eher nach seiner Sammeleigenschaft denn nach seiner Braueignung selektiert wurde: Geht man in die Natur um Hopfen zu sammeln, dann wählt man wenn möglich Pflanzen mit einem ordentlichen Behang und großen Dolden – einfach weil dies den Sammel-Aufwand verringert. Und wer sich Pflanzen in den Garten holt, würde wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf achten, genau solche auszuwählen!
Da man mengenmäßig sowieso Dolden mehrerer Pflanzen benötigt und folglich die Ernte vermischen wird, sucht man kaum nach bestimmten „Aromaeigenschaften“ – in diesem Sinn ist dann Hopfen eben einfach nur Hopfen…

Eine Selektion nach Anbaueignung und Braueigenschaften wird dann vielleicht eher erfolgt sein, als man anfing, die Hopfengärten zu erweitern oder neue, größere Anlagen anzulegen. Eine gezielte „Züchtung“ ist eher auszuschließen, da man anfangs ja ohnehin nicht über die Vermehrungsmechanismen Bescheid wußte, dies andererseits bei mehrjährigen Pflanzen auch ein mühsamer, langwieriger Prozess wäre. Daher werden solche Pflanzen eher über Ableger oder Stecklinge der geeignetsten Pflanzen vermehrt – was beim Hopfen zudem recht einfach ist! Mit gezielter Züchtung hat man erst Ende des 19. Jh.’s begonnen.

Trotzdem kann sich auch bei solchen Prozessen in einem großen Anbaugebiet ein sehr einheitliches Pflanzmaterial – also eine Sorte – herausbilden, was ja Landsorten wie Spalter, Hallertauer oder Saazer eindrucksvoll beweisen, die bis heute stolz den Namen der einstigen Herkunft verkünden.

Allmählicher Niedergang

Als Todesstoß für den Altmärker Anbau werden immer wieder teils langjährige Ausfuhrverbote angeführt, welche ab 1777 erlassen wurden, um etwa nach Missernten im Land die Versorgung mit preußischem, also inländischem Hopfen sicherzustellen. Dies führte zu einer (sicher beabsichtigten) Beruhigung der Preise aber auch dazu, dass ein lokales Überangebot dann nicht mehr (evtl. äußerst!) gewinnbringend verkauft werden konnte – solche Glücksphasen machten den Anbau wohl aber gerade auf lange Sicht „lohnend“.

„Diese streng durchgeführten Verwaltungsmaſsnahmen, die fortwährenden Scherereien, die bei der Aufstellung der Berichte für die General-Tabellen und -Designationen nicht ausbleiben konnten, die beständige Aufsicht, der der Hopfenbauer inbezug auf seine Einnahmen aus diesem Erwerbszweige unterworfen war, die infolge des Ausfuhrverbotes zu Gunsten der Brauer immer gedrückten Preise, die die Kosten des Anbaus und der Ernte kaum deckten, dazu Missernten u.s.w. führten schlieſslich dazu, daſs viele in der Altmark den Hopfenbau aufgaben, mindestens stark einschränkten. … Als unter seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm II. im Jahre 1788 die Einfuhr wie die Ausfuhr in der Mark frei gegeben wurden, auch die amtlichen Listen unterbleiben konnten, lagen beide bereits so darnieder, daſs sie nur wenig Vorteil von dieser wieder gegebenen Freiheit hatten.“

Zur Wende zum 19. Jh. wurde um Gardelegen kein Hopfen mehr angebaut. Auch der hier ansässige Hopfenhandel war fast erloschen – teils fuhren Bauern oder in den Dörfern lebende Hopfenführer mit Gespannen das wenige, dass zur Ausfuhr freigegeben wurde über oft weite Strecken. Vermehrt kamen Handelsreisende auswärtiger Handelshäuser und kauften den Hopfen auf.

Einen kleines Aufbäumen scheint es im Zuge der Befreiungskriege (gegen Napoleon, ab 1813) gegeben zu haben, da die in der französischen Zeit eingeführte Gewerbefreiheit sowohl das Braureiwesen als auch die Hausbrauerei förderte und wieder einige Hopfendämme errichtet wurden. Nochmals wurde versucht, die Qualität des Hopfens durch Umstellung auf edlere Sorten zu heben, aber bis 1860 stagnierte der Anbau allenfalls, bis dann nochmal ein gewaltiger Aufschwung im Hopfenhandel einsetzte, „der die Altmark wohlhabend und Gardelegen wieder zum Mittelpunkt des Handels machte“:

Letztes AufblĂĽhen

Fast überall in Europa war die Ernte missraten, in der Altmark (und in Posen) vorzüglich – die Preise stiegen „fabelhaft schnell“ und das alte Spiel ging in eine letzte, große Runde!

Nochmals etablieren konnte sich ein nun moderner Hopfen-Handel: In Gardelegen wurde eine erste Darre gebaut und die Ausfuhr bis hin nach England und Amerika aufgenommen. „Als die Berlin-Lehrter Bahn im Jahre 1870 Gardelegen leichter zugänglich machte, verlegte [man] die Darre an den Bahnhof, von dem aus nunmehr fast ausschlieſslich die altmärkische Ernte in die Welt geht.“
Auch der Anbau, der in den 30er Jahren nach Gardelegen zurückgekehrt war, erlangte nun nochmals etwas größere Bedeutung, ging aber ab 1885 wieder zurück. Um die Jahrhundertwende scheint hier lediglich noch eine Art größerer „Mustergarten“ bestanden zu haben.

Es scheint, dass der Hopfen aus der Altmark irgendwann nicht mehr wirklich konkurrenzfähig war. Oftmals liest man die Begründung, dies hätte an den Anbaubedingungen gelegen und dieser Moorhopfen hätte einfach nicht genug Bittere oder Aroma entwickelt, was aber nicht so richtig einleuchten will: Ein Gebiet, welches über Jahrhunderte Bestand hatte, kann nicht gänzlich ungeeignet und auch der einst gerühmte Hopfen kann kaum wirklich schlecht gewesen sein! Auch heute noch kommt es allerdings vor, dass Hopfensorten aus einem Gebiet verschwinden (müssen) und gegen geeignetere ausgetauscht werden.
Der unterstellten generellen Eignung widerspäche hingegen die Tatsache, dass auch in der DDR (wo der Hopfenanbau wieder stark ausgebaut bzw. neu etabliert wurde, da nach dem Weltkrieg alle noch verbliebenen Hopfenanbaugebiete im Ausland lagen und man aus wohl ganz ähnlichen Gründen wie einst in Preußen eine inländische Versorgung sicherstellen wollte) die Altmark nicht als Anbaugebiet reaktiviert wurde.

Vielleicht war es schlicht so, dass Sorten auf die man wechseln wollte, einfach nicht zum Anbaugebiet passten oder auch die moderneren Produktionsmethoden, auf die man im 20. Jh. hätte zwangsläufig umstellen müssen, nicht auf die evtl. besonderen Gegebenheiten vor Ort anwendbar waren. Vieles spricht dafür, dass der Anbau kaum jemals „konzentriert und großflächig“ erfolgte, sondern wohl in der Regel auf etliche kleinere Parzellen verteilt, weitflächig über die Dörfer verstreut war und viel eher im Nebenerwerb stattfand. Das Bild riesiger, zusammenhängender Anbauflächenn, welches man heute unwillkürlich mit Hopfenbau assoziiert, hat vielleicht in der Altmark so nie existiert.  Dies könnte erklären, warum sich der Anbau an Gerüstanlagen hier nicht etablieren konnte, obwohl man in anderen Gebieten längst umgestellt hatte.

Das Ende

Mit der Wende zum 20. Jh. verschwand der Hopfenbau allmählich aus der Altmark: Von 305 Hopfendörfern im Jahre 1885 waren um 1900 nur noch 125, 1912 nicht mehr als 45 übrig geblieben; nur in wenigen Dörfern hielt sich der Anbau bis in die 30er Jahre. Am längsten in Wollenhagen – bis 1934.

Der letzten Hopfenbauer der Altmark, Wilhelm Weber, hat noch 1937 Hopfen geerntet, fand aber keinen Abnehmer und verwendete die letzten Dolden »Altmärker Moorhopfens« als Einstreu im Stall.

Auch in der DDR wurde der Anbau nicht wieder aufgenommen.

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