Sud 59b

 Adolf Ignaz Mautner Litho groß

Überschrift Abzugsbier - Plakat Fraktur - Dieter Steffmann

Sankt Marxer Versorgungshaus 19 Jahrhundert

59b Etikett No59b
Biertyp leichtes Schankbier
Bierart untergärig.
Stammwürze°P  9,5
Alkohol%Vol  3,5%
Brautag  28.10.23
Anstich  
Ursprung  Österreich (Bayern, England)
Malze  Wiener
Hopfen  Saazer
Geschmack  
Trinktemp.°C  
   Eiswürfel

 

Brauhaus St. MarxWas für ein Bier ist das?…

Als Abzugsbier wird in Österreich ein Bier mit einem Stammwürzegehalt zwischen 9° und 10° Plato bezeichnet – mithin ein eher leichtes Bier mit recht geringem Alkoholgehalt.

Dieser rührt aber nicht von einer besonderen Brauweise, Hefe oder sonstigen Tricks her, sondern ergibt sich ganz automatisch daraus, als dass die Stammwürze ja ein Maß für den Extrakt (bzw. eben den Zucker-) Gehalt der Bierwürze ist:Analyse Schankbiere Gambrinus 1905 und weniger Zucker vor der Gärung natürlicherweise dann auch in weniger Alkohol nach deren Abschluss resultiert. Ein Abzugsbier ist also ein leicht eingebrautes Bier!

Solche Biere sind in Deutschland nahezu völlig verschwunden (bzw. gelten heute eher als Innovation), waren früher aber völlig normal und haben in manch anderen Ländern noch einen festen Platz im PortfolioLigue suisse des femmes abstinentesTeils einfach, weil es wohl schon immer solch Biere gab – gerade wenn man an die Zeiten denkt, wo Bier wirklich als Alltagsgetränk und Durstlöscher bei der Arbeit galt (denn es ist kaum anzunehmen, dass dort Biere mit fünf oder sechs Prozent Alkohol konsumiert wurden!). In Skandinavien etwa wurden sie auch massiv gefördert – eben um den alltäglichen Alkoholkonsum zu reduzieren; so wurden in Dänemark bspw. Biere mit weniger als 2,5% Alkohol von der Biersteuer befreit…
Was man an der Tabelle ebenfalls sieht: Auch wenn bei der Dekoktion sowieso ein höherer Anteil unvergärbarer Zucker erzeugt wird, war der Vergärgrad bei untergäriger Hefe damals wohl geringer als heute (also der Rest-Extrakt höher und der Alkoholgehalt entspr. geringer – selbst wenn nebenstehend vermutl. Gew.% angegeben sind und 2,42% etwa 3,1Vol% entsprächen; obwohl wir extra eine niedrig vergärende Hefe wählten, kamen wir dennoch auf 3,5%)
.640px-Radfahrerin TRAUTMANN.svg Der Vorteil ist, dass sie die Aufgabe als „Durstlöscher“ eigentlich wesentlich besser erfüllen können – gerade dann, wenn man Bier eher als Alltagsgetränk denn als Genußmittel begreift (geeignet also für solche Zwecke, bei denen man heute vielleicht lieber zum„Radler“ greift…).

Natürlich ist ein Bier mit geringerem Stammwürzegehalt nicht nur alkoholärmer sondern auch irgendwie dünner – was aber nicht unbedingt ein Nachteil sein muss, sondern letztlich vor allem eine Geschmacks- oder Gewohnheitsfrage ist (immerhin ist ein normales Pils ja auch erheblich dünner als ein Bock, ohne dass dies als „Nachteil“ gelten würde…). Beim Dekoktionsverfahren kommt hinzu, dass dieses einen relativ hohen Anteil an unvergärbaren Zuckern erzeugt, Malzkörper und eine gewisse Restsüße im Bier also recht präsent sind – wovon dann auch das entsprechende Abzugsbier profitiert.

Abzug, ein leichteres Bier im Gegensatz zum Lagerbier (s. d.), ein besonders in Wien gebräuchlicher Biername, welcher mancherlei Scherz zeitigte. Hier eine Anekdote: „Du Mali, bei dem Herrn, der uns verfolgt, schaut auch net viel aussö.“ — „Meinst du?“ — „Nun ich taxir‘ ihn so auf ein Gullasch, höchstens saure Nierndl und a Glas Abzugbier.“ — „Sooo? Also Abzug!“

Ein weiterer, einst offenbar erheblicher Vorteil ist, dass sie wesentlich preiswerter angeboten werden (konnten) als normale Vollbiere, da der Rohstoff-AufwandAnzeige Wintermalz ANNODer Unterschied im Extraktgehalt zwischen einem Bier mit 10 oder 12° beträgt offensichtlich 20% – bei einem kräftigen, 13°igen Wiener Lager und der entsprechenden Abzugsbier-Variante mit 9,5° Stammwürze ist es schon fast doppelt so viel. Und da Extrakt aus Malz gewonnen wird, ist der Malzeinsatz natürlich dementsprechend geringer. Vom Hopfen (der allerdings weniger ins Gewicht fällt) wird für einen vergleichbaren Geschmacks-Eindruck ebenfalls weniger benötigt – und auch die Biersteuer bemisst sich normalerweise am Stammwürzegehalt…
Früher als Arbeitskraft (und wohl auch Energie) eher preiswert war, konnte Abzugsbier also entsprechend preiswerter produziert und angeboten werden. Heute hingegen steckt wahrscheinlich ein gewaltiger Preisanteil auch in Marketing und Vertrieb, was den Unterschied wohl etwas einebnet (und bei den inzwischen üblichen Ausschankpreisen spielt es wohl ohnehin kaum eine Rolle, ob man diesen dann weiterreichen würde…)
natürlich entsprechend geringer ausfällt (man aus der gleichen Menge Malz und Hopfen also eine größere Menge Bier brauen kann!). Das gegenüber Drehers Lagerbier wesentlich preisgünstigere St. Marxer-Abzugbier erlangte in Wien wohl sogar einen weitaus höheren MarktanteilAnzeige Abfüllapparat ANNODer Wikipedia-Artikel nennt hier sogar mehr als 75% – was allerdings etwas übertrieben erscheint… Dreher hatte immer die größere Brauerei und mehr „Ausstoß“ (obwohl Mautner bald an dritter, später sogar zweiter Stelle stand). Nun wäre natürlich möglich, dass Dreher eher noch den „internationalen“ Makt bediente – aber 75% Marktanteil sind wohl trotzdem ziemlich hoch angesetzt; zumal es in Wien ja noch etliche andere größere Brauereien gab.
Wiener Brauherrenverein Biermenge ANNO
!

405px-Brauhaus Sankt Marx um 1900Adolf Ignaz Mautner &
das »Brauhaus St. Marx«

Die Geschichten von Wiener Lager- und Abzug-Bier sind recht eng verwoben: Anton Dreher war beim Herstellen untergärigen Biers in Wien kein Einzelkämpfer oder gar Außenseiter – mit ihm und seinem Kl. Schwechater Lager hielt die neue Brauweise eher ganz allgemein Einzug. 1840 (also etwa als Dreher auf die Untergärung umstellte) erwarb der aus Böhmen stammende Adolf Ignaz Mautner das Bürgerspital-Brauhaus im Wiener Bezirk St. Marx als PächterKarl Widmaier MarkusSt. Marx war damals eher noch ein Vorort von Wien, und das Spital inzwischen ein Versorgungshaus für Alte und Arme – zu dem aber noch immer eine Brau- und Schankberechtigung gehörte! Anfangs hatte Mautner das Areal gepachtet, aber als später umfangreiche Erweiterungen anstanden, zog man vor, es ihm zu veräußern anstatt sich an den Baukosten zu beteiligen, woraufhin die gesamte Einrichtung umgewidmet wurde (allerdings finanzierte Mautner wohl ähnliche Einrichtungen – führte das »Spital« somit also andernorts weiter…). und begann alsbald ebenfalls mit der Produktion untergärigen Biers. Wie im vorherigen Artikel erwähnt, standen beide wohl weniger in Konkurrenz sondern eher in einem fruchtbaren Austausch – wobei die Nachfrage nach untergärigem Bier anfangs ohnehin kaum befriedigt werden konnte. Mautner sah in Dreher eher ein Vorbild und übernahm etliche von dessen Ansätzen, ohne ihn jedoch direkt zu kopieren. Seinerseits machte er sich dann vor allem um Fragen der Kühlung, Lagerung und Reifung des Biers verdient.

Das „Abziehen“

Etikett Bier Hig AusschnittAuch in Deutschland findet sich auf älterer Werbung ab und an den Begriff „Brauerei-Abzug“ – was erst einmal eher nach einer Herkunfts- oder Qualitäts-Garantie klingt. Ob nun der Begriff Abzugbier wie oft zu lesen tatsächlich auf Mautner zurückgeht (und evtl. mit Kellertechnik oder Bierstärke zusammenhängt), konnte ich noch nicht sicherAnzeige Kelleranlagen ANNOAuch das weiter unten folgende Zitat kann man wohl nicht unbedingt als verläßliche Quelle einordnen…
Einerseits wäre die Geschichte natürlich durchaus plausibel: Er nennt sein Produkt werbewirksam Abzug-Bier, dominiert mit diesem leichten, köstlichen Schankbier den Wiener Markt und der Begriff wird zum Synonym. Andererseits ist fraglich, ob allein Mautner den Einfall hatte, optimal gelagertes, fertiges Bier auszuliefern – weil die Idee doch irgendwie ganz grundsätzlich zum Wesen des Lagerbiers zu gehören scheint (und falls doch, ob dies dann lang genug ein Alleinstellungsmerkmal war)?!…
Manchen Quellen zufolge begann Mautner damit unmittelbar nach Übernahme der Brauerei mit da noch obergärigem Bier – aber auch daraus ergäbe sich kein ausreichender zeitl. Vorsprung zur Etablierung dieses Begriffs… Trotzdem steht natürlich die Frage im Raum, woher denn das Abzugsbier sonst seinen Namen hätte!
in Erfahrung bringen. Unstrittig ist, dass sein Konzept vorsah, das Bier nach der Gärung auf Lagerfässer abzuziehen und diese im eigenen Keller unter optimalen Bedingungen kalt ausreifen zu lassen um es dann schön kühl und „consumfähig“ ausliefern zu können.
Es heißt, bis dahin herrschte noch die (allerdings sowieso nicht mehr ganz zur Untergärung passende) Meinung vor, dass große Kälte dem Bier eher schaden würde – und Mautners Erfolg darin begründet lag, mit dieser zu brechen. In jedem Fall umging er auf diese Weise aber den meist nicht optimalen Prozess in den Kellern der Wirte und stellte dadurch die von ihm gewünschte Qualität sicher, brauchte dann jedoch einen ausreichend großen Lagerkeller und vor allem entsprechende Mengen von Eis für die Kühlung. Anfangs reichten Bier oder Eis jedenfalls nur bis Mai – ab 1843 konnte er dann aber ganzjährig liefern!

(Mit) Mautner legte der Erſte in Wien im Winter 1841 einen bedeutenden Eisvorrath in ſeinen Bräuhauskeller und führte im Jahre 1842 zuerſt obergähriges Bier hefefrei, klar und eiskalt, als unmittelbar conſumfähig unter dem Namen „Abzug-Bier“, der noch heute üblich iſt, den Wirthen zu. Der Erfolg war ein außerordentlicher, weil hiedurch dem Publicum gerade für die warme Jahreszeit ein kühles, köſtliches Getränk geboten war.
Trotz dieſes mächtigen Erfolges konnte aber Mautner ſich der Wahrnehmung nicht verſchließen, daß die Herbeiführung eines großen Bierconſums nur durch ausſchließliche Erzeugung der viel beliebteren Qualität des untergährigen Bieres zu hoffen ſei, zugleich wurde ihm aber auch klar, daß darnach geſtrebt werden müſſe, mittels des Eiſes die Erzeugung von Unterhefebier zu allen Jahreszeiten möglich zu machen, mit anderen Worten: es mußten die günſtigen Erzeugungsbedingungen des Winters künſtlich während des ganzen Jahres erhalten werden.

Moderne Kühltechnik

Anzeige Flächenkühlapparat für Bierwürze ANNOUm dies zu ermöglichen, sezte er ein paar clevere Einfälle um! Mit einem Gegenstromkühler wurde die Würze bereits auf Gärtemperatur abgekühlt, bevor sie im Keller eintraf (so dass dort erst gar keine zusätzliche Wärme eingebracht wurde). Im Gärbehälter wurde mit „zylinderhutförmigen, mit Schwimmschüsseln versehenen Eisschwimmern“ die Gärungswärme aufgefangenEisschwimmerDas klingt vielleicht etwas rustikal, aber in Zeiten, als Natur-Eis das einzige Kältemittel darstellte und es außer Dampfmaschinen eigentlich keine Motoren gab, setzte sich die Methode als allg. Standard durch und war so effektiv, dass man wohl sogar eher aufpassen musste, den Bottich nicht gar zu unterkühlen! Später, als sich Dampf- und Kältemaschine durchgesetzt hatten, wurden die Schwimmer entsprechend modernisiert. Heute benutzt man doppelwandige Bottiche in deren Mantel Kühlwasser zirkuliert…
Anzeige Eisschwimmer
und die Temperatur so konstant gehalten.

Meyers b2 s0912aUnd die Idee des Eiskellers stellte er quasi auf den Kopf: Bisher befand sich das Eis direkt im Keller; oft in Gruben oder, dann meist etwas erhöht, an den Kellerenden. Dadurch ging aber ein großer Teil der Kälte direkt an das umgebende Erdreich verloren, während sich erwärmte Luft unter der Kellerdecke sammelte. Mautner führte den „obenauf situiertem Eisraum“ ein und setzte fortan das Eishaus über den Keller, wohin die erwärmte Luft durch Spalten und Kanäle aufstieg und dann kalt und schwer in den Keller zurückfloss. Das vom Eis abschmelzende Wasser wurde in Rinnen gesammelt und im erwähnten Gegenstromkühler verwendet.

Die Keller mit Obereis ſind nicht gewölbt, ſondern haben gerade aufſteigende Wände. In entſprechender Höhe über der Sohle des Kellers ſind ſtarke eiſerne Traverſen eingezogen, welche dem über ihnen in einem Eishauſe von der oben angegebenen Conſtruction lagernden Eiſe als Träger dienen. Unter dieſen Traverſen ſind in Abſtänden von etwa 10cm übereinander zwei Reihen von Blechrinnen angebracht; das von dem Eiſe abtropfende Schmelzwaſſer fällt in dieſe beiden Rinnenreihen und wird durch beſondere Leitungen geſammelt, abgeführt und zu Kühlzwecken verwendet. …
In Folge der eben beſchriebenen Einrichtung kann kein Schmelzwaſſer in den Lagerkeller abtropfen. Die mit dem Eiſe in Berührung ſtehende Luft wird aber auf 0° abgekühlt, ſinkt bis auf den Boden des Lagerkellers, die nunmehr mit dem Eiſe in Berührung kommenden wärmeren Luftſchichten werden ebenfalls auf 0° abgekühlt, ſinken auch auf den Boden des Kellers und nimmt nach ganz kurzer Zeit die geſammte, in dem Keller enthaltene Luft die Temperatur von 0° an, ſo daß die Lagerfäſſer beſtändig von kalter Luft umgeben ſind und die Abkühlung des eingelagerten Bieres auf 2 und ſelbſt 1° über Null binnen kurzer Zeit ſtattfindet.

Enormer Eisbedarf

Anzeige Wiener Eiswerke ANNODa es noch keine Kältemaschine gab, nutzte man zum Kühlen neben Wasser und LuftAnzeige Haller Flächenberieselungs-Kühlapparate rundUm mit dem Eis zu haushalten, wurde normalerweise erst einmal weitgehend vorgekühlt. Kaltes Wasser stand meist ausreichend zur Verfügung – wobei allerdings zu bedenken ist, dass dieses auch bewegt werden muss (wozu man neben Pumpen eben vor allem einen „Antrieb“ benötigt…). Daher benutzte man zum Kühlen der Würze auch ausgebieg die Luft: schon lange in Form von Kühlschiffen (großen, flachen, oben offenen Behältern wo man sie zum Abkühlen einige Zeit ruhen ließ) und später dann auch in allen möglichen „Rieselkühlern“, wo sie großflächig in einem dünnen Film herab rann. (In obiger Form läuft also die Würze über die Rillen und wird unten in der Schale wieder aufgefangen – in modernen Varianten wurde zusätzlich Kühl-, manchmal in einem zweiten, unteren Kreislauf Eiswasser genutzt).
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ausschließlich Natureis, welches Mautner winters aus einem (noch heute Mauthnerwasser genannten) alten Donauarm schlagen ließ. Nun waren aber auch damals nicht sämtliche Winter bitterkalt und eisreich – trotzdem stieg der Bedarf an Natureis mit dem Umsichgreifen der modernen Bierproduktion gewaltig an! Daher musste der Eisbedarf bald auch aus immer weiter entfernteren Gegenden gedeckt werden. Durch die sich parallel entwickelnde Eisenbahn640px-Norway ice trade war dies zumindest logistisch lösbar, aber da bald „überall“ untergärig gebraut wurde, stieg der Eisbedarf bald ins uferlose…

Als sicherer Lieferant bot sich Norwegen an. Dort waren die Winter eiskalt aber die Häfen eisfrei (und da in der weitgehend land- und forstwirtschaftl. geprägten Region im Winter normalerweise nicht allzu viel Arbeit anfiel, war dies dort ein willkommenes Zubrot). Vorteilhaft war, dass der Bedarf nicht plötzlich und unvermittelt entstand, sondern England und Frankreich schon einige Zeit zuvor als große Abnehmer1024px-Womens Activities - Industry - Public Service and Trades - Bootblacks and DraymenEis wurde ja nicht nur zur Bierproduktion, sondern ganz allgemein zu „Kühlzwecken“ benötigt – vor allem auch bei Lagerung und Transport von Lebensmitteln! In beiden Ländern war der Bedarf stark angestiegen, ohne dass geografisch-klimatisch die Möglichkeit einer relevanten Produktion bestanden hätte (zwar hat Frankreich Anteil an den Alpen, aber vermtl. war es logistisch einfacher, Eis über die Häfen zu beschaffen). Vorbilder gab es in Amerika, wo in Neuengland bereits eine solche Industrie etabliert war… auftraten – also bereits eine gewisse Entwicklung einer industriellen Infrastruktur stattgefunden hatte, die ihrerseits nach neuen Absatzmärkten gierte.

640px-Taft and worker-frontDa die importierten Eisblöcke in wesentlich imposanteren Dicken geliefert werden konnten und auch reiner waren als die eigene Ernte, kam diese ab den 1870er Jahren zunehmend außer Mode. Zwar wurden ab diesem Zeitpunkt auch schon die ersten Kältemaschinen eingesetzt, aber bis diese den Eiseinkauf umfassend verdrängten, gingen dann mindestens noch zwanzig weitere Jahre ins Land.

Unser „Abzug-Bier“

Früher wurden bei einem einzigen Brauvorgang von der Maische tatsächlich oft mehrere unterschiedlich starke Würzefraktionen abgezogenAnzeige Fässer Fiedler ANNOVorstellbar (wenn auch rein spekulativ) wäre, dass das Abzugs-Bier auch irgendwie von diesem Vorgang seinen Namen geerbt hat – irgendwie teilt man ja die Würze auf, bzw. zieht einen gesonderten Anteil vom Hauptbier ab?!…
Aufgeteilt oder gar abgezogen wurde von nun an jedoch nicht mehr und wenn man dünneres „Abzugsbier“ herstellen wollte, nahm man einfach entsprechend weniger Malz.
Das ganz zum Schluss abfließende (kaum noch Extrakt enthaltende) „Glattwasser“ diente oft als Einmaischwasser für den nächsten Sud (oder wurde alternativ in Brennereien verwendet).
und diese dann getrennt zu unterschiedlich starkem Bier vergoren; Voll- und Dünnbier also in einem Rutsch erzeugt. Vermutlich war dies auch deswegen praktisch, da man dann auch bei der Hopfenkochung mit einer entsprechend kleineren Braupfanne auskam. Sudhaus ANNOZu den Abläufen und Dimensionen des industriellen Brauprozesses schien dies nun aber nicht mehr recht zu passen. Daher wird die Vorderwürze heute mit der später ablaufenden, dünnerenAnzeige Fässer ANNODer Zuckergehalt in der Maische (bzw. der unmittelbar daraus gewonnenen Vorderwürze) ist abhängig vom Verhältnis von Guss und Schüttung (also Wasser- und Malzmenge) und recht hoch. Nachdem diese erste Würze abgezogen wurde, bleibt aber ein erheblicher Anteil Zucker im Treber zurück. Um möglichst viel davon zu gewinnen, wird mit reichlich Wasser „nachgespühlt“ – wobei die dann ablaufende Würze natürlich schwächer und schwächer wird. Man kann diese Anteile miteinander mischen und so die gewünschte Extraktkonzentration einstellen oder – wie eben früher oftmals verfahren wurde – daraus verschieden starke Biere herstellen… Würze so lange vermischt, bis deren Zielstärke erreicht ist.

Zwar war auch unsere „Pfanne“ schon recht gut gefüllt, doch der eigentlich limitierende Faktor ist bei uns die Größe des anschließenden Whirlpools – in welchem die Würze nach der Kochung zur Trubabscheidung noch einige Zeit ruhen muß. Nach der Hopfenkochung hatten wir gute 400 Liter 13°ige Würze, wovon aber maximal 350 in den entsprechenden Behälter passen! Also haben wir den ohnehin im Kessel verbleibenden Rest etwas größer gehalten, mit Glattwasser verdünnt und auf diesem Weg auf nicht ganz traditionelle Weise eine Charge eines entsprechend schwächerenBiergläser aus Wien ANNONormalerweise war die Abzugsbier-Variante nicht nur entsprechend schwächer, sondern auch etwas weniger aufwendig gebraut: vor allem wurden die einzelnen Kochphassen verkürzt und weniger (und oft auch nicht ganz so hochwertiger) Hopfen verwendet – was letztlich Zeit und Energie einsparte. … Abzugbieres erzeugt. Das ist zwar effektiv, weil man mit dem Glattwasser einen (wenn auch sehr geringen) Anteil Zucker nutzt, den man sonst verwerfen würde und auch die Ausstoßmenge des Brautags entsprechend steigt – verlängerte allerdings den durch die Dekoktion ohnehin schon recht langen Brautag nochmals erheblich.

 

 

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trenner Image taken from page 346 of The Works of Alfred Tennyson etc 11060781794

Und selbst vom Braufoto gibt’s diesmal zusätzlich einen farbigen Abzug!

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